Time Is Running oo!


Time is running oooo

Ich weiß, normalerweise heißt der Spruch, langsam aber sicher geht es dem Ende entgegen, aber von langsam kann hier momentan keine Rede sein. Die Zeit rast an mir vorbei. Gerade ware es noch ein Monat bis zur letzten Schulwoche – jetzt ist morgen der erste Tag,  der Anfang vom Ende. Donnerstag ist mein allerletzter Tag in der Schule. Und dann noch vier Wochen, und dann sitze ich schon wieder im Flieger. Abgefahren. Aber in den letzten Wochen und Monaten ist noch so viel passiert, ich habe so viel gemacht und erlebt, da bleibt das Gefühl für Zeit auf der Strecke.
Vor allem in der Schule habe ich im letzten Term (also von den Oster-  bis zu den Sommerferien) wirklich viel gemacht. Zum Beispiel habe ich gemeinsam mit meinen Mitfreiwilligen eine Weltkarte an die Wand meiner Schule gemalt. Das war erstmal gar nicht so einfach, denn ich bin ästhetisch absolut unbegabt. Deshalb habe ich von meiner Organisation aus Swedru einen Projektor organisiert, mit dem dann eine Weltkarte an die Wand geschmissen wurde. Tagsüber ging das leider überhaupt nicht, weil die Sonne zu hell war, also haben wir in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Konturen der Kontinente auf die Wand abgezeichnet, und dann am nächsten Tag den Pinsel geschwungen. Ursprünglich war mein Plan, auch alle Ländergrenzen einzuzeichnen, um den Kindern einfach eine bessere Vorstellung unserer Welt zu ermöglichen. Vielen ist gar nicht richtig klar, dass Ghana nur einen kleinen Teil Afrikas ausmacht, und Europa, Amerika, Deutschland und die USA sind hier irgendwie alle das Gleiche. Leider war die Auflösung der Karte über den Projektor zu schlecht, um alle Grenzen mit einzuzeichnen, und so musste ich mich halt auf die Kontinente beschränken, aber es ist immerhin ein Anfang.
Ein ganz, ganz großes Problem in Ghana ist Müll und Müllentsorgung. Besonders Plastik wird in Massen verbraucht, und dann verbrannt oder einfach auf die Straße geschmissen. Damit haben ich und meine Mitfreiwillige Kaja uns ein bisschen beschäftigt, um eine Unterrichtsstunde für die älteren Schüler zu machen. Von Klasse 5 bis Form II (also Klasse 8) haben wir mit den Schülern erstmal auf einem Plakat gesammelt, was überhaupt alles aus Plastik besteht: Tüten, Zahnbürsten, Teile des Fernsehers, Plastikstühle und –tische (die hier den Großteil des Mobiliars ausmachen), Kugelschreiber, Brotdosen, Verpackungen, Strohhalme, Kondome, Take-Away-Schachteln und –Besteck (auch viel genutzt) und so weiter und so weiter. Wir waren selber erschreckt, wie viel Plastik man täglich verbraucht und in seinem Alltag auch wirklich benötigt. Dann haben wir die grundlegenden Probleme von Plastik erklärt, die Unabbaubarkeit; das Gift, das bei Verbrennung freigesetzt wird; die riesigen Müllstrudel im Meer. Dann haben die Schüler Möglichkeiten gesucht, Plastik zu vermeiden. Meine absoluten Favoriten:
1.       Wir haben die Ergebnisse auf einem Plakat aufgeschrieben um das dann in der Klasse aufzuhängen. Die Schüler waren direkt empört: „Madam! The marker is made of plastic! Next time, use the chalk oo! Shame!” …Schande auf unsere Häupter.
2.       Eine Schülerin fragt ganz verwirrt: „So we shouldn´t use condoms anymore?“ Da mussten wir erstmal klarstellen, dass bitte KEINER aufhört Kondome zu benutzen! Teenage Pregnancy ist nämlich leider sehr weit verbreitet.
3.       Wenn man hier eine Cola bestellt bekommt man immer einen Plastikbecher und einen Strohhalm dazu. Ein Schüler sagte dazu ganz inbrünstig: „Say NO to plastic cups and straws!“
Das waren ziemlich lustige Unterrichtsstunden, je älter die Klassen waren, umso besser hat´s im Allgemeinen geklappt. Zum Schluss haben wir dann aus Pure-Water Beuteln Armbänder geflochten. Pure-Water ist Wasser, das in 500 ml Plastikbeuteln verkauft wird. Die sind deutlich günstiger als Wasser aus Flaschen und werden eigentlich von allen gekauft. Leider gibt es hier sowas wie Recycling nicht im großen Stil, deshalb schätze ich wirft hier jeder täglich mindestens vier dieser Beutel weg.
Ein bisschen produktiv waren wir dann auch noch bei Kaja an der Schule, da haben wir nämlich im Kindergarten wieder mit Hilfe des Projektors ein ABC-Schaubild an die Wand gemalt. Also diese klassischen Kinderarzt-Wartezimmer-Bilder, wo zu jedem Buchstaben ein Tier oder Gegenstand gezeichnet wird.
Außerdem haben wir Zahnpasta-Spenden von Kajas Zahnarzt verteilt, und von Klasse eins bis drei ein bisschen Zahnputz-Unterricht gegeben. An dem Tag hab ich meine Zähne fünfmal geputzt, so sauber waren die wahrscheinlich nur direkt nach der Zahnreinigung in der Praxis. Ich habe extra dafür ein ghanaisches (bzw englisches) Kinderlied umgedichtet:
Brush, brush, brush your teeth
Every morning and night
When they are clean, clean, clean
You can strongly bite
Scrub, scrub, scrub your teeth
Move the brush up and down
Back to front, back to front
We say no to painful brown
Teeth!
Wir hatten sogar eine Gitarre, die ist den Kinder von der ganzen Stunde wahrscheinlich am meisten hängen geblieben, aber es hat ihnen Spaß gemacht, das ist die Hauptsache.
Während der letzten Wochenenden bin ich außerdem viel verreist, denn irgendwie gibt es dann doch  viele Orte, die noch abzuhaken sind. Unter anderem war ich in Winneba im Centre for Talent Expression, also der Schule, in der ich 2017 zu Besuch war. Wegen diesem 10-tägigen Besuch bin ich mir damals sicher gewesen, wirklich für ein Jahr nach Ghana zu wollen.
Ich war total überrascht, denn die Schüler, die ich damals kennengelernt habe sind immer noch da! Die waren damals alle in ihrem ersten von drei Jahren Ausbildung, und schreiben momentan ihren Abschluss. Für mich war das irgendwie total surreal, weil ich Ghana damals aus so ganz anderen Augen gesehen und kennengelernt habe. Völlig abgefahren, das Gefühl.  Aber es war wirklich schön, alle wieder zu sehen, und im September, wenn ich gerade wieder zu Hause bin, kommt Morphius (der Leiter des CTE, den ich aus Deutschland kannte) auch wieder zu uns!
Wie gesagt startet meine letzte Woche Morgen, und ich bin absolut nicht bereit. In der letzten Wochen haben die Kinder ihre Examen geschrieben, das heißt wir Lehrer sind jetzt mit korrigieren, Noten berechnen und Zeugnisse schreiben beschäftigt – alles von Hand, versteht sich. Aber ich glaube, da zieh ich mich faulerweise einfach ein bisschen raus, um so viel Zeit wie möglich mit meinen Kindern zu verbringen. Eigentlich bin ich ja in Klasse 3 fest eingesetzt, aber nächste Woche will ich nochmal in die 6. Klassen gehen und mit denen ein paar Briefe schreiben, die ich dann mit nach Deutschland nehme.
Ende nächster Woche mache ich mich dann auf meine letzte kleine Reise in die Volta-Region im Osten von Ghana, und dann sind es irgendwie noch ein paar Tage zu Hause in Oda und dann geht es schon wieder zurück ins deutsche zu Hause.
Ich freue mich schon sehr auf zu Hause, auf meine Familie, meine Freunde, deutsches Essen, eine Klospülung, eine Dusche, Waschmaschinen, keine Stromausfälle, keine Moskitos,… eine Liste die ich wahrscheinlich ewig fortführen könnte. Aber ich weiß auch jetzt schon ganz genau, dass ich genauso eine ewige Liste für Ghana schreiben könnte, Dinge die ich vermissen werde. Meine ghanaische Familie, meine Kinder in der Schule, meine Lehrer, meine Freunde hier, das ghanaische Essen, das Wetter, selbst die Eimerdusche.

Das alles hat seinen Charme, aber es hat eben auch alles seine Zeit, und meine Zeit hier neigt sich rasend schnell dem Ende entgegen. It´s not easy oooo!




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Schulalltag

Walsichtungen, Ruminseln, und ghanaischer Advent

Buntstifte aus Kieholm in Ghana