No News is Good News - Das neue Motto dieses Blogs



Nachricht von Milli: Ja, ich lebe noch; nein, mir ist nichts passiert; mein Handy ist heile und ich habe Internet. Ich war einfach nur schreibfaul. Aber dafür gibt es jetzt umso mehr zu erzählen und berichten: also auf geht´s!

Mein letzter Eintrag hat sich ja mit der Adventszeit in Ghana beschäftigt, deshalb will ich euch jetzt nicht vorenthalten, wie man Weihnachten hier feiert, obwohl das echt schon lange her ist. Für mich hat Weihnachten schon ein bisschen am letzten Schultag, am 20.12., angefangen. Dieser Tag heißt in den Schulen „Our Day“, also auf Deutsch „Unser Tag“, der Tag der Kinder. Unterrichtet wird nicht mehr, es werden die Report Cards (die Zeugnisse) ausgeteilt und die Bestenliste vorgelesen, auf der alle Kinder nach ihren Ergebnissen in den Examen sortiert sind. Das war für mich ziemlich unschön, denn es werden alle Platzierungen vorgelesen, die Kinder, die also nicht so gut abschneiden werden meiner Meinung nach unnötig vorgeführt. Außerdem geben viele Eltern mehr Wert auf die Platzierung in der Klasse, anstatt auf die eigentlichen Noten. Man kann zum Beispiel mit einer 3 auf den hinteren Plätzen liegen, obwohl das ja vollkommen ausreichend ist, oder man ist mit einer 4 in den Top Ten. Dann war man zwar besser als andere, aber gut war die Leistung trotzdem nicht.
Egal, um die Noten geht es am Our Day nur zweitrangig, im Vordergrund steht, dass die Kinder alles möglich dürfen: Spielzeuge mitbringen, Essen wann sie wollen, rein- und rausflitzen, draußen den ganzen Tag toben und so weiter. Das hat mir total viel Spaß gemacht, mit den Kindern zu spielen, Quatsch zu machen und nicht immer der Spielverderber zu sein.
Am Ende dieses Tages sind alle mit einem großen Lächeln nach Hause gegangen.

Ich bin allerdings nach Hause gegangen, sondern habe mich auf dem Marktplatz mit meinen drei Mitfreiwilligen in Oda getroffen und wir haben uns in ein Trotro gesetzt um unsere Weihnachtsferien-Reise zu starten. An diesem Tag sind wir nach Takoradi gefahren, eher ein Zwischenziel auf unserer Reiseroute an der Westküste entlang. Takoradi ist eine ziemlich große Hafenstadt, aber auch nicht besonders schön. Wir haben für uns beschlossen, dass sie nicht besonders sehenswert ist. Allerdings haben wir dort sehr, sehr gut indisch gegessen ( wenn man hier gutes nicht-ghanaisches Essen findet ist das immer eine Erwähnung wert. Ich liebe ghanaisch, aber man bekommt hier auch einfach selten etwas anderes.)

Über Weihnachten waren wir dann in einem winzigen Fischernest am Atlantik, Akwidaa. Ich muss sagen, für mich war Akwidaa ein Highlight meiner Ferien, weil es einfach noch nicht touristisch erschlossen ist, es ist nicht so viel Müll am Strand, die Leute im Dorf waren total freundlich und haben mit uns kleine Bootstouren den Fluss hoch gemacht, der in dem Ort ins Meer mündete. Diese Bootstour war an sich nach den ersten Minuten relativ unspektakulär, wir haben vor allem Mangroven und Krebse gesehen, aber tatsächlich auch ein kleines wildes (!!!) Krokodil und einen Vogel, von dem wir glauben, dass es ein Eisvogel war.
An Weihnachten selbst haben wir einen ganz entspannten Tag am Strand verbracht, mit viel Sonne, schwimmen und zwischendurch einer Kokosnuss. Abends haben wir dann ganz gemütlich im Restaurant gegessen und eine kleine Bescherung gemacht. Die wenigen anderen Gäste waren von uns ein wenig irritiert, weil Weihnachten für sie erst am 25. gewesen wäre, aber wir haben es trotzdem genossen.
Dann sind wir auf einer abenteuerlichen Strecke zu dem Dorf Nzulezu gefahren. Nzulezu liegt mitten auf einem See und ist komplett auf Stelzen gebaut. Man muss mit einem kleinen Boot hinfahren. Angeblich wurde Nzulezu vor Ewigkeiten von einem Stamm gegründet, der in Mali beheimatet war und im Krieg mit einem anderen Stamm lag. Die zukünftigen Bewohner von Nzulezu mussten vor dem anderen Stamm fliehen, und wurden durch Afrika gejagt, bis sie sich auf einem See quasi unerreichbar machten und das Stelzendorf gründeten. Das Dorf an sich ist sehr beeindruckend, es gibt einen Steg, von dem dann immer wieder kleinere Stege abgehen, an denen die Häuser liegen. Es gibt sogar eine Schule. Wenn man so über die Holzplanken läuft, wird einem schon ein bisschen mulmig zumute, das Seewasser unter einem ist ziemlich schwarz und die Stege wackeln ziemlich. Einerseits war Nzulezu wirklich beeindruckend zu sehen, aber ich hatte das Gefühl, dass die Bewohner selbst keine Lust mehr auf die Besucher hatten, die alle 2 Stunden mit dem Boot gekommen sind. Sie müssen sich fühlen, wie die Tiere im Zoo. Ich war eigentlich ganz froh, als wir wieder gefahren sind, ich habe mich dort zu sehr gefühlt wie ein unwillkommener Gast
Was wir in Nzulezu aber gesehen haben, war, wie die Ghanaer (am 25.12.!) Weinachten feiern: Man feiert, nach Belieben in der Kirche oder zu Hause, die Musik wird noch lauter aufgedreht als sonst, und dann wird getanzt, gesungen und gebetet. Das lässt sich übrigens manchmal nicht so wirklich unterscheiden. Also kann man glaube ich guten Gewissens sagen, dass Weihnachten in Ghana ein Sonntag mit noch lauterer Musik ist.
                      Nach Nzulezu haben wir uns dann ganz in den Westen begeben, in die Grenzstadt Elubo. Westlich von Ghana liegt die Elfenbeinküste, weshalb schon in Elubo auch viel Französich gesprochen wird. Wir waren vor allem dort, um in den Ankasa National Park zu gehen. Da mussten wir feststellen, dass man im Ankasa lange Wanderunegn unternehmen muss um an die spannenden Stellen zu kommen, deshalb habe ich diese Tour ausgesetzt.
Dann sind wir wieder runter an die Küste gefahren, nach Axim. Da gibt es einen berühmten Strand, der es sogar auf die Titelseite des deutschen Ghana-Reiseführers geschafft hat. Außerdem gibt es in Axim noch eine alte Festung, die wir besichtigt haben.
Über Silvester sind wir dann nach Winneba gefahren, eine Stadt am Meer, die wir auch manchmal als Tages-Strandausflug von zu Hause aus besuchen. In Winneba gibt es am 01. Januar jedes Jahr ein Festival, an dem sich verschiedene Gruppen in wirklich abgefahrenen Kostümen verkleiden.
Silvester in Ghana wird übrigens ähnlich gefeiert wie Weihnachten: eine Nacht in der Kirche. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass Silvester tendenziell noch das eher größere Event ist. Wir waren in Winneba eine relativ große Gruppe, und sind am letzten Abend des Jahres alle zusammen essen gegangen. Danach wurden wir ein bisschen enttäuscht, wir hatten auf ein bisschen Silvester-Party gehofft, aber es war kein Mensch unterwegs, die Ghanaer waren ja alle in der Kirche. Also haben wir so zusammen gefeiert und der Besitzer unserer Lodge hat um 12 dann doch noch ein großes Lagerfeuer errichtet.

Nach Silvester bin ich dann erstmal wieder nach Hause gefahren. Und ich muss echt sagen, es hat mir echt gut getan, ein paar Tage zu Hause zu sein, sein eigenes Zimmer zu haben, richtig gutes Essen zu bekommen und nicht unter der Dusche meine Klamotten zu waschen. Ich habe das Reisen zwar definitiv genossen, aber als ich nach Hause gekommen bin habe ich auch gemerkt, dass mir meine Gastfamilie schon gefehlt hat, und dass Oda schon  wirklich ein zu Hause für mich ist.

So lange bin ich dann aber gar nicht in Oda geblieben, denn ein bisschen von meinem deutschen zu Hause ist in Accra aus dem Flieger gestiegen: Meine Mama ist mich besuchen gekommen!!! Das war definitiv das Highlight meiner Ferien! Ich hab mich unglaublich gefreut sie in echt und nicht nur über eine schlechte Verbindung auf dem Handy zu sehen. Es hat mir auch unglaublich viel Spaß gemacht, ihr Ghana zu zeigen, wie ich hier so lebe, was ich hier so mache, wie die Menschen hier sind.
An unserem ersten Tag in Accra haben wir glaube ich beide eine große Überraschung erlebt. Wir haben ein bisschen Sight-Seeing gemacht, und Mama war logischerweise völlig geflasht. Und das ist auch verständlich, denn der Irrsinn hat einen Name: Accra. Accra ist laut, wuselig, schnell, stinkt und doch für mich unglaublich westlich. Für mich. Mittags um zwei mussten wir zurück ins Hotel und eine Pause machen, weil der Kulturschock für Mama eben doch extrem war.  Ich glaube, die Überraschung für sie war eben, dass es doch so anders ist, obwohl ich ja immer erzähle, als wäre hier alles ganz normal. Und für mich war es total merkwürdig zu sehen, dass eben doch nicht alles total normal ist, und wie sehr ich mich schon an Ghana gewöhnt habe, wie sehr ich schon Teil dieser Kultur bin.
Ein paar Beispiele:
1. Meine Gastmama hat für uns eins meiner Lieblingsessen gekocht: gekochte Yam (so ähnlich wie Kartoffel) mit Stew (ein bisschen wie Tomatensoße). Das ist man hier mit den Händen, beziehungsweise mit der rechten Hand, die Linke ist beim Essen tabu. Ich hab also begeistert angefangen zu essen, Mama musste sich erstmal gedanklich darauf einstellen, mit der Hand zu essen. Dann war das essen natürlich heiß. Im Mund ist das kein Problem, aber an den Händen kaum auszuhalten. Probiert das mal aus! Und für Mama war es scharf. Zu Hause in Deutschland essen wir nicht sonderlich scharf, aber der Stew, den wir an dem Tag gegessen haben kam mir total hrmlos vor – das war er offensichtlich nicht. Und ganz ehrlich, ich hatte in meinen ersten zwei Monaten genau dieselben Probleme. Ich habe manchmal geweint, weil das Essen so scharf war, meine Nase fängt heute ich regelmäßig an wegen des Mokos (Pfeffer, als getrocknete und gemahlene Chili) zu laufen.

2. In Hotelzimmern, die Mama so semi gut fand (obwohl es zu den günstigen Preisen schon immer berechtigt war) habe ich mich gefühlt wie in Luxus-Hotels gefühlt, allein weil wir in Doppelzimmern und nicht im Dorm geschlafen haben ( Dorms sind Schlafsäle in denen man mit mehrere Fremden schläft – die sind vor allem günstig).

3. Wir haben im Zimmer immer den Ventilator und/oder die Klimaanlage angehabt. Zugegeben sind wir momentan in der Trockenzeit, der Harmattan-Season. Harmattan nennt man einen bestimmten Wind, der aus dem Norden kommt, also mehr oder weniger aus der Sahara. Deshalb ist es einfach sehr heiß und trocken.  Trotzdem habe ich mit dem Ventilator teilweise gefroren.  Ich habe zwar einen in meinem Zimmer, aber der kommt nur äußerst selten in Benutzung.

Insgesamt war die Zeit mit meiner Mama einfach super schön, und ich habe nochmal mehr gemerkt, was ich zu Hause eigentlich habe.
Meine Mama hat allerdings nicht nur ein paar Kleinigkeiten für mich mitgebracht, sondern ein Großteil ihres Koffers war voll mitgespendeten  Buntstiften aus Lorenz´ Kindergarten für meinen ghanaischen Kindergarten. Dafür werde ich noch einen gesonderten Eintrag schreiben, dazu gibt es dann da mehr zu lesen. Aber trotzdem möchte ich an dieser Stelle einmal vielen vielen Dank zum Kindergarten Kieholm, allen Kinder die sich von ihren Stiften getrennt haben um zu spenden, und an die Jugendfeuerwehr Hasselberg sagen, die alle so viel gespendet haben. Dankeschön im Namen aller meiner KG-Mäuse, und sogar von den 1. Klassen, so viel ist nämlich zusammengekommen.
Nachdem meine Mama wieder gefahren ist, hatte ich ein relativ unspektakuläres Zwischenseminar in Aburi, von dem ich nicht wirklich was zu erzählen habe.
 Und danach ging es zurück in die Schule. Für mich war es total schön, alle meine Schüler wiederzusehen und auch endlich wieder einen geregelten Alltag zu haben. Leider musste ich, weil wir im neuen Term sind, meine Klasse wechseln. Ich bin jetzt in der dritten Klasse. In dieser Klasse sind wieder 10 Schüler mehr, das heißt, ich unterrichte jetzt in einer Klasse mit 63 Kindern. Das ist manchmal ein bisschen anstrengend, aber man merkt tatsächlich, dass die Kinder ein bisschen älter und disziplinierter sind. Aber auch nur ein bisschen.
Leider sind in dieser Klasse noch zwei andere Lehrerinnen, die zwar sehr nett sind, aber deshalb kann ich jetzt nur noch ein Fach unterrichten, English Grammar. An sich macht das Spaß, aber ich habe eben nur einmal die Woche wirklich was zu tun. Deshalb bin ich momentan dabei, mir Alternativen zu suchen, mit denen ich den Kindern helfen kann, und selbst irgendwas Sinnvolles zu tun zu haben.
Letzte Woche habe ich zum Glück zumindest eine Alternative starten können: Ich gebe jetzt Nachhilfe- Unterricht im Lesen in den 2. und 3. Klassen. Jeweils einmal die Woche schicken mir die Lehrer für eine Stunde die 5 schwächsten Schüler im Lesen, mit denen ich dann nochmal das ABC wiederhole, die letter sounds bespreche und einfache Wörter lese. Weil es an meiner Schule in jedem Jahrgang a und b Klassen gibt, habe ich also 4 Unterrichtsstunden in der Woche. Ein bisschen erschreckend ist wirklich, dass die Kinder wirklich gar nicht lesen können. In der zweiten und dritten Klasse ist das schon ungünstig, aber es gibt diese Kinder genauso in der Fünften, Sechsten, oder auch in den High Schools, also den weiterführenden Schulen. Inwiefern ich meinen Schülern jetzt wirklich lesen beibringen kann, weiß ich nicht, aber ich versuche es wenigstens.

So, das ist bis jetzt alles, was ich zu berichten habe. Wer weiß, wann ich mich hier mal wieder melde, aber no news is good news. Also, wenn ihr nichts von mir hört, dann hab ich nur wieder keine Lust mich hinzusetzten und zu schreiben.

P.S.: Bilder gibt es dieses Mal leider nicht, das zieht nämlich einfach zu viel Internet...Wlan gibt´s hier nämlich nicht

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Schulalltag

Walsichtungen, Ruminseln, und ghanaischer Advent

Buntstifte aus Kieholm in Ghana